· 

Heilung beginnt beim Gesundbleiben

Heilung beginnt beim Gesundbleiben

Wo beginnt eigentlich Krankheit? Krankheit entsteht aus dem schleichenden Verlust von Gesundheit. Wenn wir Babys und Kleinkinder beobachten - vorausgesetzt es gab keine vorgeburtlichen Entwicklungstörungen -  dann sehen wir Gesundheit. Gesundheit in Form von Lebendigkeit, Beweglichkeit, Flexibilität, Konzentrationsfähigkeit, Neugierde, Forschergeist, Lebenslust, Freude, Liebe, Spieltrieb und jede Menge emotionale und körperliche Ausdruckskraft.

Was dann passiert, ist Anpassung. Und mit ihr der Verlust eines großen Maßes an Gesundheit-Reichweite.

Beweglichkeit ist Gesundheit

Das Kleinkind das seine Zehen locker in den Mund nehmen kann, bleibt leider nicht so flexibel. Sein Körper wächst und stellt sich exakt auf die herrschenden Umgebungsbedingungen - das Sitzen - ein. Zehen in den Mund nehmen ist in Kindergarten, Schule und vielfach auch zuhause nicht so angesehen. Also verkürzt das Bindegewebe und diese einmalige Fähigkeit verschwindet erst mal bis dieses Wesen vielleicht 20 Jahre später Freude an Yoga oder ähnlichem findet und sich so manche Freiheit zurückholt. Was unseren Bewegungsapparat betrifft zeigt sich sehr klar, was bei dieser uns allgegenwärtigen Anpassungsleistung an die Welt verloren geht: Beweglichkeit, Flexibilität, Kraft und damit Gesundheit.  Der Organismus verkümmert vielfach schon in frühen Jahren, weil höchstens noch 20% des möglichen Bewegungspotential genutzt wird. Folglich gehören Phänomene wie Fehlsichtigkeit, Übergewicht und Rückprobleme immer früher zum Menschsein. 

 

Ausdruck ist Gesundheit

Die Anpassungsleistung eines Kindes beschränkt sich natürlich nicht nur auf den Bewegungsapparat. Viel wichtiger noch ist das was auf emotional-seelischer Ebene im Laufe der Zeit passiert. Oder auch nicht passiert. Und mangels hoher Elternkompetenz werden die prägenden scheinbar unbedeutenden Alltagskonflikte mit Gleichaltrigen und Bezugspersonen nur mangelhaft begleitet und aufgelöst. Die nicht verarbeiteten Gefühle aus der eigenen Kindheit lassen Eltern ganz unbewusst gar keine freie Wahl, sondern zwingen sie dem Kind unbewusst auf. So werden Traumen weitergegeben. 

 

Übrig bleiben dann innere Bilder und sich anstauende Gefühle der Wut, Trauer, Scham und Wertlosigkeit. Nicht gelebte Gefühle stellen den Großteil allen seelischen Leides dar und lassen das Kind - und Jahre später dann den Erwachsenen - in der Vergangenheit leben. So entstandene Filter und Verzerrungen durch die wir die Welt sehen, beeinflussen jeden Schritt unseres Lebens und bilden unser Vermögen oder Unvermögen es zu gestalten.

Weil es nun einmal so normal ist, das wir in eine "kranke" Welt hineingeboren sind braucht es Wege, um die Entwicklung von Kindern auf ganzheitlicher Ebene zu unterstützen. Und das kann mit Körperarbeit wie Craniosacral Therapie, Massagen oder genzheitlichen Übungen gefördert werden.

Wie Massage und Cranio Kindern helfen kann

Kinder leidet oft schon im Kindergartenalter unter muskulären Dysbalancen. Bestimmte Muskeln weisen erhöhte Spannungen auf, verkürzen und führen dazu, dass sich Haltung und Aufrichtung so verändern, dass daraus spürbare Befindlichkeitsstörungen wie Verspannungen im Rücken und Nacken entstehen. Das behindert Kinder nicht nur körperlich, sondern auch in der Konzentration und Wahrnehmungsfähigkeit. Die Ursachen solcher Dysbalancen können sowohl durch falsche oder fehlende Bewegung, als auch durch innere Anspannung entstehen und aufrechterhalte werden. In jedem Fall verbrauchen sie mehr Energie als nötig, setzen das Kind unter Stress und behindern es in der Entwicklung.

Um Dysbalancen auszugleichen werden bestimmte Druckpunkte an Muskeln und Bindegewebe massiert bzw. sanft gedrückt.

Da im Bindegwebe auch häufig emotionale Anspannung sitzt, kann es durch Massagen und ähnliche Behandlungsformen auch dazu kommen, das Gefühle in der Zeit danach in Form von Tränen hochkommen und so bestenfalls endgültig aus dem System eliminiert werden. Je jünger, desto besser funktioniert dieser Reflex meist noch. Ältere Kinder oder Jugendliche haben meist schon gelernt solche inneren Regungen zu kompensieren und zu stoppen. Dennoch kann es für sie wichitg sein, innerlich mit diesen Empfindungen und damit mit sich selbst Stück für Stück in Kontakt zu kommen.

Wenn sich das Nervensystem entspannt

Die Spannung unserer Muskeln, Faszien und Gefäße wird maßgeblich vom Gehirn, dem zentralen Nervensystem bestimmt. Logisch also, das echte Entspannung nur von dort kommen kann. Die Craniosacral-Therapie bzw. Praktik setzt genau dort an.

 

Durch sehr sanfte Berührungen, vorwiegend am Schädel, werden über die Schädelknochen die Strukturen innerhalb des Schädels entspannt. Dadurch kommt es zu verbesserten Durchblutung und Lymphfluß und vor allem zu einer Beruhigung im Gehirn. Eine entspannteres Gehirn wiederum wirkt sich sehr positiv auf den Rest des Körpers aus. Überspannung wird abgebaut, Tätigkeit von Herz und Lungen wird verbessert, die Verdauung angeregt, der Kreislauf entspannt, das Lymphsystem angeregt, das Hormonsystem ausbalanziert.

 

Oft kann Cranio auch ein gesundes "Ausspeichern" von alten Anspannungen ermöglichen. Ausspeichern bedeutet, dass im Gewebe und Nervensystem gepeicherte Energie, die sich aus nicht vollständig verarbeiteten Lebenserfahrungen festgesetzt hat, endlich das System verlassen kann. Wie bei einem Gewitter kommt es dabei zu diesen heilsamen Zuckungen und Vibrationen im gesamten Körper. Begleitet von einem schlaf- bzw. tranceartigen Zustand der meist als sehr angenehm empfunden wird -  und für die gesunde kindliche Entwicklung so wichtig ist.

Gesehen werden

Für viele Kinder ist es nicht üblich von ihren Bezugspersonen umfassend wahrgenommen zu werden. Gerade wenn der Alltag aus Schule und Beruf der Eltern zu Stress in der Familie führen, bleibt das gegnseitige achtsame Wahrnehmen auf der Strecke. Diese achtsame Wahrnehmung ist aber wie energetische Nahrung für uns Menschen. Zum Spüren des Anderen müssen wir achtsam im Hier und Jetzt bleiben können. Zum Gesehen werden gehört also Zuhören, genauso wie unvoreingenommenes Anschauen, Augenkontakt und intuitives Hinspüren. Fehlen diese Qualitätet, verkümmern wir energetisch und sind nicht bei uns und in unserer Mitte.

 

Für die hochwertige Körperarbeit sind diese Elemente daher Grundvoraussetzung und genauso wichtig wie die Berührung oder Massage selbst.

Spüren und sich selbst wahrnehmen (lernen)

Ein zentrales Element für eine gesunde Entwicklung ist es, das eigene Spürbewusstsein zu erhalten, zu erweitern bzw. zurückzugewinnen.

 

Was meine ich damit? Wir leben in einer kognitiven Welt, in der suptile Körperempfindungen relativ unwichtig sind. Dabei gibt es so vieles das wir wahrnehmen können: wie fühlt sich mein Körper an? Was sagt mein Herz? Was meint meine Intuition dazu? Wie ist mein Temperaturempfinden? Wie sind heute mein Appetit und Durstgefühl? Wie ist mein Schlaf? Wie ist meine Verdauung? Solange nichts weh tut, fällt der Körper nicht weiter auf. Das entstehende Selbstbild ist im Wesentlichen auf Gedanken gerichtet und beeinhaltet selten die Dimension der Körperlichkeit.

 

Dabei ist es essentiell spüren zu können: wie geht es mir eigentlich wirklich? Was brauche ich gerade wirklich? Was macht das mit mir? Wie fühlt sich eine Erfahrung im Körper an? Das sollte schon Stoff im Kindergarten sein. Ist es aber nicht und so bleibt die kognitive Ebene das Zentrum - der Körper ist dann spätestens in der Pupertät hinsichtlich Aussehen der eigene Freund oder Feind. Was fehlt ist die Fähigkeit die Sprache des Körpers, die sich immer durch Empfindungen zeigt, zuzuhören und verstehen zu lernen.

 

Körperarbeit kann hier einen wichtigen Beitrag leisten, da sie hauptsächlich non-verbal in einen Dialog mit dem Körpersystem eintritt. Das Spüren von Druck, Zug oder Dehnung öffnet das Bewusstsein für die eigene innere Stimme und gibt ihr Raum nachzureifen. Es ermöglicht auch eine gesunde Grenzerfahrung. Ab wann ist der Druck zu stark? Wann habe ich genug? Spüre ich meine Haut als klare Grenze und wie kann ich das ausdrücken?

Ich verstehe unter der Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen eine absolut wichtige Gesundheitskompetenz in scheinbar grenzlosen Zeiten, die es zu stärken gilt.

Ein Plädoyer für mehr Behandlungen

Die Abwesenheit von Krankheit im medizinischen Sinn ist also die beste Voraussetzung, um Kindern gute Behandlungen aller Art zukommen zu lassen - um sie in der Gesundheit zu halten. Denn wie ich oben beschrieben habe, gibt es eben schon aus den ganz normalen Alltagserfahrungen heraus genügend Gründe, die die sensible Homöostase des Kindes stören können. 

 

Ausgleich lässt sich herstellen, indem Kindern Reize angeboten werden, die in die Entspannung führen und indem sie dadurch zunehmend lernen Entspannung selbst herzustellen. Wesetlich dabei ist es, dass sie sich ihres Körpers und seiner Empfindungen stetig bewusster zu werden. Gesundheit wird so zu einem Prozess hoher Eigenverantwortung und Selbstachtung - das will gelernt und geübt werden - durch Spüren.

 

Körperarbeit schärft einerseits die Eigenwahrnehmung und begleitet bei den ständig ablaufenden Selbstaktualisierungsprozessen des Kindes. Ob sozialer Stress in der Schule, zu viel Bildschirmarbeit oder Sitzen - es gibt wahrlich vieles das unser System hemmt und das Gleichgewicht in Richtung Krankheit verschiebt. Und es gibt Lösungen und Bewusstwerdung.

 

In diesem Sinne: lassen wir unseren Kindern regelmäßig hochwertige Behandlungen zukommen und fördern wir so ihre unbezahlbare Gesundheit.

 

Elmar Meierzedt ist Vater von zwei Kindern und Bodyworker aus Wien. Er arbeitet in eigener Praxis mit Menschen jeden Alters mit Schwerpunkt auf Craniosacral-Praktik, Massage und Atemcoaching.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0